"Für mich ist inzwischen jeder kleine Veränderungsimpuls "lernen"." Wenn Prof. Dr. Cornelia Hattula von ihrer Leidenschaft "Learning & Education" spricht oder schreibt, inspiriert sie als Academic Director Content Creation sowie als Stärken- und Lerncoach. Wir freuen uns sehr, dass wir die Chance bekommen haben, ein Interview mit ihr zu führen. Viel Freude beim Lesen!
Ich bin Conny Hattula und mit ganzem Herzen „Learning & Education Enthusiastin“. Ich glaube daran, dass sowohl in der Hochschule als auch im Corporate Umfeld in der Zukunft sehr viel individueller sein wird, als heute und dass jeder große Freude am Lernen (wieder-)finden kann, wenn er/ sie sich mit Themen beschäftigen darf, die wirklich „kitzeln“. Deshalb ist mein Herzensthema, die „Lernwelten der Zukunft“ mitzugestalten – mit Lerninhalten, -medien, und -formaten, die Lust machen, sich mit diesen auseinanderzusetzen.
Ich glaube, die Frage ist eher, wann ich nicht lerne. Für mich ist inzwischen jeder kleine Veränderungsimpuls "lernen". Das kann ein toller Podcast sein, den ich auf dem Weg von der Kita an den Schreibtisch höre, ein spannender Artikel, den ich lese oder ein inspirierendes Gespräch, das ich führen darf. Für mich passiert lernen also viel auch „nebenbei“ im Alltag. Wenn ich strukturiert an neue Lernthemen herangehe, plane ich mir Lernzeit sehr gern am frühen Morgen ein – am liebsten mit einem Kaffee auf der Couch und dem jeweiligen Buch, Artikel, Workbook etc. auf den Knien.
Ich beschäftige mich gerade viel mit dem Medium „Podcast“ – das finde ich schon lange wahnsinnig spannend und schaue mir deshalb gerade nochmal sehr konkret Tools zur Aufnahme, Mikros etc. aber auch die unterschiedlichen Podcastformate an.
Ich höre darauf, welche Themen mich gerade „kitzeln“ und tauche dann in diese ein. Dabei ist für mich gar nicht unbedingt relevant, dass diese immer zu 100% arbeitsbezogen sind. Zum Beispiel fand ich das Thema Sketchnoting schon lange spannend und habe dann begonnen, mich damit auseinanderzusetzen. Und erst danach hat es „Einzug“ auch in den Arbeitskontext erhalten – im Sinne von Infographiken, Visualisierungen etc.Sprich, ich vertraue auch ein bisschen darauf, dass meine „Lernintuition“ den richtigen Riecher für spannende Themen hat.
Total gern mit meinem Lerndashboard. Ich schaue mir konkret mein Lernprojekt und das Ziel an und gehe dann an eine erste Materialien-Recherche. Im Anschluss bastele ich mir dann kleinteilige Lernnuggets, die ich dann in klassischer Kanban-Logik abarbeite. Im Bearbeiten der einzelnen Nuggets ergeben sich oft noch weitere Nuggets oder „Side-Notes“, die notiere ich dann im Gedankenparkplatz meines Boards bzw. die weiteren Nuggets werden in die To Learn-Spalte aufgenommen.
Indem ich mein Lernziel möglichst messbar fasse. Im Podcast-Beispiel: wenn ich im Anschluss an mein Lernprojekt in der Lage bin, „ins Tun“ zu kommen, d.h. zum Beispiel eine Pilotfolge eines Podcasts aufzunehmen, dann war ich erfolgreich.
Lerninhalte, sowohl im Hochschul- als auch im Corporate-Kontext, sind oft sehr standardisiert. Sprich, wir lernen mit Skripten oder in Zweitages-Seminaren in „Druckbetankung“ und eben nur in einem „one size fits all“-Format. Auf individuelle Lern“stärken“, Vorwissen, individuelle Ziele etc. wird leider noch zu wenig eingegangen.
Mein Lösungsvorschlag wäre, Lerninhalte in anderen Formaten zu denken. Warum sich nicht ein fürs Team relevantes Lernthema in einer offenen „Week of Learning“ erarbeiten. D.h. jeder nähert sich entsprechend der eigenen Lernvorlieben dem Thema (der eine hört Podcasts, der andere liest Artikel, der dritte schaut sich Youtube-Videos an…) und am Ende der Woche teilt ihr in einer großen Session das entstandene Wissen. So entsteht ein großes „Wissensnetzwerk“ zum Thema.
Das Lernen etwas sehr Individuelles ist. Sowohl hinsichtlich Lernformaten, die für das Individuum die richtigen sind, als auch hinsichtlich Lernziele und Vorlieben. Und dass das „ins Lernen kommen“ häufig ein Knackpunkt ist. Deshalb braucht es hier vor allem Tools, die helfen „so easy und kleinteilig wie möglich“ zu lernen.
Puh, gute Frage. Wahrscheinlich, dass neben dem Alltagsgeschäft, aber auch der Arbeit an Konzepten und Strategie noch genügend „Lernzeit“ bleibt. Aber das 100% voneinander abzugrenzen, finde ich schwierig, ich finde, dass auch der Arbeitsalltag meist voller Lernimpulse steckt.
Für mich persönlich gibt es nicht „die perfekte“ Work-Learning-Balance. Jeder Austauschtermin kann voller Lernimpulse stecken, genauso wie ein ganzer „Lerntag“, an dem man in sein Lernthema tief eintaucht. Für mich ist Work-Learning-Balance dann gegeben, wenn ich jeden Tag zumindest einen Lernimpuls habe – sprich, die zeitliche Bandbreite ist groß, von der Artikelempfehlung bis zur dreistündigen Lernsession.
Wir danken Prof. Dr. Cornelia Hattula für das interessante und offene Gespräch - wir haben viel Neues erfahren und spannende Einblicke von ihr bekommen.
Wenn Dir das Gespräch genauso gefallen hat wie uns, empfehlen wir Dir, Prof. Dr. Cornelia Hattula auf LinkedIn zu folgen und ihren Podcast "Was lernst du?" zu abonnieren - es lohnt sich!